Ausbildung für Soziale Berufe in Europa

Projektvorstellung

Ausbildung für Soziale Berufe in Europa – von Albanien bis Zypern

Projektmitarbeiter: Prof. Dr. Franz Hamburger, Sandra Hirschler M.A., Dr. Günther Sander, Dr. Manfred Wöbcke

Die Landschaft der Ausbildung für Soziale Berufe in Europa ist in Bewegung geraten: Hochschulpolitisch u.a. durch die Bologna-Erklärung der EU-Bildungsminister zur Vereinheitlichung der akademischen Bildung, forciert aber wohl vor allem durch die reale gesellschaftliche Entwicklung, die ‚Osterweiterung’ der EU und die bevorstehende Aufnahme neuer Länder in die Union. Aus der Europäisierung und Internationalisierung sozialer Probleme, der Sozialpolitik und Sozialarbeit resultieren neue Qualifikationsanforderungen in der Praxis und damit auch in der Ausbildung. Dieser Prozess hat inzwischen alle Länder Europas erfasst, nicht nur die EU-Mitgliedsstaaten. Was können wir voneinander lernen, welche Fehler sollten wir vermeiden? Um die Ausbildungslandschaft transparent zu machen und so den internationalen Vergleich zu ermöglichen, wurde im Rahmen des Forschungsprojektes ‚Ausbildung für Soziale Berufe in Europa’ der Frage der Ausbildung in über 40 verschiedenen europäischen Ländern nachgegangen. Wir hoffen, dass die Länderportraits dem internationalen Austausch in der gegenwärtigen Phase der Neuorientierung, aber auch Verunsicherung, produktive Impulse geben können, wie dies seit der Gründung der IASSW (International Association of Schools of Social Work) ja eine gute Tradition in der Ausbildung für Soziale Arbeit ist.

Seit der Herausbildung Sozialer Arbeit als Profession um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und der Etablierung der ersten Schulen für Soziale Arbeit u.a. in Amsterdam, London, Liverpool, Paris und Berlin ist die Ausbildung in fast allen europäischen Ländern von großer Vielfalt und Heterogenität geprägt. Auch in der Gegenwart deckt die Ausbildung für Soziale Arbeit trotz aller Vereinheitlichungstendenzen ein breites Spektrum unterschiedlicher Ausbildungsinstitutionen, -gänge und -abschlüsse ab. In fast allen Ländern existieren parallele Studiengängeauf Fachhochschul- und Universitätsebene. Lediglich in wenigen Ländern, wie Finnland, Irland, Island und der Türkei, wird das Sozialarbeitsstudium ausschließlich als universitärer Studiengang angeboten. In Mittelost-/Südosteuropa sind im Kontext der gesellschaftlichen Transformationsprozesse recht unterschiedliche Entwicklungen zu beobachten: In einigen Ländern wird an die vorgefundene Tradition des sozialpädagogischen Universitätsstudiums angeknüpft, in anderen Ländern wurden die oft bereits in den 20-er Jahren entstandenen Schulen für Sozialarbeit wiederbegründet.

Wissenschaftlich sind die Ausbildungsgänge für Soziale Arbeit in Europa bislang nur unzulänglich untersucht; die erste umfassende Bestandsaufnahme von Brauns/Kramer (1986) ist naturgemäß veraltet und vernachlässigte zudem die damals schon zu verzeichnenden Entwicklungen der universitären Ausbildung für Sozialarbeit/Sozialpädagogik in einigen Ländern. Gegenwärtig fehlen weitgehend valide Daten über die Ausbildungssituation u.a. in den Nachfolgestaaten der UdSSR und Jugoslawiens, in Bulgarien, der Slowakei, Rumänien; aber auch kleinen Ländern wie Malta, Zypern und Fürstentümern wie Liechtenstein und San Marino.

Mit der Bologna-Erklärung sollte eine europaweite Hochschulreform eingeleitet werden mit dem Ziel einer Angleichung der Ausbildungsstrukturen und -abschlüsse. Aber die Ausbildungslandschaft befindet sich schon länger in einer zum Teil rasanten und dynamischen Entwicklung. Für eine dieser Entwicklung angemessene aktuelle und differenzierte Bestandsaufnahme der Ausbildung für soziale Berufe in Europa entstand an der Universität Mainz unter der Leitung von Franz Hamburger das Projekt, einen kompletten Überblick über die Ausbildungssituation in den europäischen Ländern zu erarbeiten, also von ‚Albanien’ bis ‚Zypern’. Dazu wurden ausgewiesene Experten gewonnen, welche die Ausbildungsstrukturen und insbesondere die neueren Entwicklungen in ihrem jeweiligen Land untersuchen sollten. Die Grundstruktur der Länderberichte sollte ähnlich sein, um den internationalen Vergleich zu ermöglichen. Bearbeitet wurden insbesondere die

  • Geschichte der Fürsorge, Sozialarbeit und Sozialpolitik
  • Kategorien der sozialen Berufe in der Gegenwart
  • Grundstrukturen des Ausbildungssystems
  • Ausbildungsgänge im Einzelnen: Aufbau, Curricula und Abschlussmöglichkeiten
  • neueren Entwicklungen in den 1990-er Jahren und die Zukunftsperspektiven.

Länderdarstellungen

Kern des Projektes waren die Länderdarstellungen, die in vier Publikationen vereinigt wurden.

Die im ersten Band mit Beiträgen über Island, Estland, Litauen, Großbritannien, Deutschland, Österreich, Serbien, Türkei und Portugal versammelten Beiträge behandeln die Lage der Ausbildung in eher vertrauteren Ländern, sowie in Ländern, über die bislang keine oder nur spärliche Informationen vorhanden waren.

  • In Island findet eine vierjährige grundständige Ausbildung seit 1976 an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Reykjavik statt, demnächst wird auch an der Universität Akureyri das Studium der Sozialarbeit möglich sein.
  • Von besonderem Interesse sind die Informationen aus Estland und Litauen. Da es in der Sowjetunion keine spezifische Ausbildung für Soziale Arbeit im unserem Verständnis gab, musste hier in einem Jahrzehnt eine Entwicklung ‚nachgeholt’ werden, die sich in den westlichen Ländern in einem Jahrhundert vollzogen hat. In Estland wurde die Sozialarbeiterausbildung Anfang der 90-er Jahre an den Universitäten Tallin und Tartu begonnen, sie ist inzwischen bereits nach dem BA/MA (Bachelor/Master)-Schema strukturiert. Angeboten wird auch ein Promotionsstudiengang. Die Ausbildung in Litauen knüpft an sozialpädagogische Konzepte der 1930-er Jahre an und wird an sieben Universitäten, einer Hochschule, vier Kollegs sowie vier Höheren Schulen durchgeführt, auch hier sind bereits BA- und Magisterstudiengänge eingeführt. Hervorzuheben sind die zahlreichen Kontakte mit ausländischen Hochschulen.
  • Die Ausbildungslandschaft in Großbritannien ist recht unübersichtlich, Sozialarbeit kann an Kollegs (Fachhochschulen) und an Universitäten studiert werden, die Studiendauer variiert zwischen zwei und drei Jahren. Das Kurzzeitstudium schließt mit einem Diplom, das Universitätsstudium mit diversen BA-Abschlüssen ab.
  • In Österreich wurden die staatlichen Akademien für Sozialarbeit seit 2001 in neun Fachhochschulen für Sozialarbeit – alle in privater Trägerschaft – umgewandelt; universitäre Studiengänge existieren innerhalb der Erziehungswissenschaft in Graz und Klagenfurt.
  • Die Ausbildung für Sozialarbeit in Serbien konnte – anders als im Falle der baltischen Staaten – darauf aufbauen, dass in Jugoslawien bereits in den 50-er Jahren mit einer qualifizierten und an westlichen Konzepten orientierten Ausbildung begonnen worden ist. Die ersten universitären Studiengänge wurden ab 1974 eingerichtet, gegenwärtig wird vor allem die internationale Kooperation ausgebaut.
  • Die Türkei kennt ausschließlich die Ausbildung auf der universitären Ebene: Seit 1967 an der staatlichen Hacettepe-Universität in Ankara und seit 2002 an einer privaten Universität in Baskent mit den Abschlüssen MA und Phd.
  • Interessant ist auch die Entwicklung in Portugal. Seit der Revolution von 1974 gehören die drei staatlichen Schulen in Lissabon, Porto und Coimbra zum tertiären Bereich und wurden 1979 in Fachhochschulen für Soziale Dienste umgewandelt. Ab 1985 wurden auch private Fachhochschulen zugelassen. Die universitäre Ausbildung begann 1980 an der TU Lissabon, es folgten Studiengänge an der Katholischen Universität Vizeu und im Jahr 1998 die fünfjährige Ausbildung an der Universität von Trás-os-Montes e Alto Douro.

Im zweiten Band wird über die Ausbildungslandschaft in Norwegen, Schweden, Irland, Dänemark, Lettland, Polen, der Slowakei, Kroatien, Bulgarien, Mazedonien, Griechenland und Spanien berichtet.

  • In Norwegen wurde in der Folge des „Qualitäts-Reformgesetzes“ für den Hochschulbereich (Universitäten und Colleges) von 2002 die Ausbildung komplett auf BA- und MA-Studiengänge umgestellt; diese Reform war vor allem an den norwegischen Universitäten sehr umstritten. Weiter gibt es allerdings PhD- und Doktoratsabschlüsse in Sozialarbeit.
  • Schweden bildet Sozialarbeiter (socionom) und Sozialpädagogen (social omsorg) in siebensemestrigen Studiengängen an zwölf Hochschulen und neun Universitäten aus; eine Integration der beiden Studienprogramme ist geplant. Eine Promotion in Sozialarbeit ist bislang nur an den Universitäten möglich. Trotz der starken Internationalisierung der Ausbildung existieren bislang keine BA- oder MA-Abschlüsse.
  • Die Ausbildung für Jugendarbeit, Pflege und Heimerziehung in Irland findet an Fach- und Fachhochschulen statt, die der Sozialarbeiter (Social Work und Youth and Community Work) ausschließlich in sozialwissenschaftlichen BA-Studiengängen an drei Universitäten.
  • Dänemark hat die Ausbildung in zumeist nichtstaatlichen Seminaren und staatlichen Fachhochschulen (CVU) mit BA-Abschluss angesiedelt; Postgraduiertenstudien werden an zwei Universitäten durchgeführt. Auf allen Ausbildungsebenen werden auch Weiterbildungsstudien in Sozialarbeit angeboten.
  • In Lettland gibt es Ausbildung für Soziale Arbeit im internationalen Verständnis erst seit Beginn der 90-er Jahre. Sie ist in universitäre Studiengänge der Soziologie (Sozialarbeit), Pädagogik (Sozialpädagogik) und Medizin (Social Care) integriert. Außerdem kann Sozialarbeit an einer privaten und einer evangelischen Akademie studiert werden.
  • Akademische Ausbildung für Soziale Arbeit und Sozialpädagogik in Polen hat seit 1907 eine lange Tradition, die auch in der sozialistischen Periode weiter existierte. Ab 1991 wurde die Ausbildung an Berufsschulen, Fachhochschulen und Universitäten neu strukturiert und an
    den Hochschulen als Teildisziplin in den Fächern Soziologie, Pädagogik und Politologie installiert. Stark expandiert haben in den letzten Jahren private, auf Profit ausgerichtete Akademien.
  • In der Slowakei wurde nach der Wende die erste Professur für Sozialarbeit 1990 an der Pädagogischen Fakultät der Universität Bratislava eingerichtet, auch an drei weiteren Universitäten wird für Sozialarbeit ausgebildet. Studienabschluss ist der Magister oder die Promotion (PhD). Daneben existieren zweijährige Ausbildungsprogramme an Fachhochschulen für Sozialarbeit und diversen privaten Schulen.
  • Die Ausbildung in Kroatien unterscheidet sich von anderen osteuropäischen Ländern dadurch, dass vor dem Hintergrund des ‚Dritten Weges’ Jugoslawiens diese auch im Sozialismus an Höheren Schulen und Universitäten weiter betrieben wurde. Seit 1993 gibt es fünf Lehrstühle für Sozialarbeit an der Universität Zagreb. Das Studium wird mit dem Magister oder der Promotion abgeschlossen.
  • In Bulgarien ist die Sozialarbeitsausbildung seit der Wende an Colleges und Universitäten angesiedelt und schließt mit den Graden ‚Spezialist’ (drei Jahre College), Bachelor (vier Jahre) und Master (plus ein Jahr) ab. An zwei Universitäten existieren inzwischen auch Doktoratsstudiengänge (PhD).
  • Auch Mazedonien war eine Teilrepublik Jugoslawiens und konnte daher, wie Kroatien und Serbien, auf den vorhandenen Strukturen aufbauen. Ausbildung für Soziale Arbeit ist an der Universität Skopje am Institut für Sozialarbeit und Sozialpolitik mit den Abschlussmöglichkeiten BA, MA und Doktorat institutionalisiert.
  • In Griechenland findet Ausbildung für Soziale Arbeit seit 1984 ausschließlich an inzwischen vier staatlichen Technischen Fachhochschulen (T.E.I.) mit unterschiedlich orientierten Studiengängen statt; das Studium dauert acht Semester.
  • Spanien bildet für soziale Berufe an Berufsschulen und an eigenen Fachbereichen für Sozialarbeit an Universitäten aus. Die Hochschulausbildung endet mit den Abschlüssen Diplom (drei Jahre), Magister (plus zwei Jahre) und Promotion (im Anschluss an den Magisterabschluss)

Der dritte Band legt den Schwerpunkt auf mittel- und osteuropäische Länder, er enthält Berichte aus Russland, Tschechien, der Ukraine, Ungarn, Rumänien, Moldawien, Finnland, Belgien (Flandern), Frankreich, Luxemburg und Liechtenstein. Wie für die ersten beiden Bände ist auch für die im dritten Band versammelten Länder die Tendenz feststellbar, dass je nach gesellschaftspolitischer Problemstellung jeweils andere Ausbildungsschwerpunkte im Rahmen der Sozialen Arbeit ausgemacht werden können. Auch bei den in diesem Band versammelten Ländern kristallisieren sich Umwälzungsprozesse aufgrund des Bologna-Prozesses heraus.

  • Für Finnland lässt sich konstatieren, das die politische Schwerpunktsetzung auf der Bildungspolitik den Bereich der Ausbildung für Sozialen Berufe gestärkt hat und ihm zu einem Ausbau sowie zu verstärkter Anerkennung in der Gesellschaft verholfen hat.
  • In Russland haben sich die Begriffe „Sozialarbeit“ und „Sozialpädagogik“ noch nicht im vollen Umfang durchsetzen können, auch werden in Russland momentan neue Ausbildungsbereiche und Arbeitsfelder begründet, so dass eine begriffliche und inhaltliche Festlegung schwierig ist.
  • In Flandern wurde im Akademischen Jahr 2004-2005 die Bachelor- und Masterstruktur eingeführt, so dass dort inzwischen ein akademischer Bachelor, ein beruflicher Bachelor und ein akademischer Master erworben werden können.
  • In Frankreich ist die Ausbildung für Soziale Berufe nicht oder nur selten im Hochschulbereich angesiedelt, selbst die Ausbildung für Sozialarbeiter und Sozialpädagogen wird nicht an Fachhochschulen, sondern an höheren Berufsfachschulen durchgeführt.
  • Ähnlich wie in Flandern durchläuft auch in Luxemburg die Ausbildung für Soziale Berufe, insbesondere die des Erziehers, momentan einen Reformprozess, der mittel- bis langfristig Funktion und Rolle aller im Sozialwesen angesiedelten Berufe neu definieren wird.
  • Der Bedarf an Sozialarbeitern ist in Tschechien ansteigend, aufgrund fehlender legislativer Regelungen hinsichtlich ihrer Stellung sowie aufgrund des Fehlens einer Festlegung der grundsätzlichen Qualifizierungsausbildung herrscht jedoch ein (eklatanter) Mangel an ausgebildeten Sozialarbeitern; durch neue Gesetze soll dieser Mangel jetzt behoben werden.
  • Auch in der Ukraine steigt die Nachfrage nach ausgebildeten Sozialarbeitern stetig an, auch hier werden, ähnlich wie in Tschechien, derzeit einheitliche Standards festgelegt.
  • In Ungarn erfolgt die Ausbildung und Schulung für Soziale Berufe einerseits in Ober- und Hochschulen und an Universitäten im Rahmen des Unterrichtssystems, andererseits durch eine Reihe von Non-Profit-Organisationen oder marktwirtschaftlich orientierten Unternehmen außerhalb des Unterrichtssystems.
  • Sozialarbeiter und Sozialpädagogen in Rumänien werden seit 1990 an 17 Universitäten und 6 Fachhochschulen ausgebildet. Master-Studiengänge sind eingeführt, BA-Kurse noch nicht, die Fachhochschulstudiengänge (3 Jahre) dürften in
    solche umgewandelt werden.
  • 2004 wurden in Moldawien Standards zur Ausbildung für Soziale Arbeit herausgegeben, die an der dortigen Universität umgesetzt wurden. Auch wird die Ausbildung durch die internationalen Kooperationen im Rahmen des Bologna-Prozesses sich künftig noch verändern.
  • Für Liechtenstein ist zu bemerken, dass das Land aufgrund seiner Größe keine eigenständige Ausbildung für Soziale Berufe anbietet, sondern auf entsprechende Ausbildungsstätten im Ausland angewiesen ist.

Für den abschließenden vierten Band wurden Darstellungen aus Albanien, Andorra, Armenien, Slowenien, Belgien (Wallonien) Bosnien-Herzegowina, Italien, Malta, Monaco, den Niederlanden, San Marino, der Schweiz, dem Vatikanstaat, Weißrussland und Zypern erwartet. Der Länderbericht aus Albanien ist am Ende – als einziger – leider nicht eingetroffen, doch wir können unsere Reihe zumindest – wie im Titel angekündigt – mit Zypern beschließen.

Der vierte Band zeigt folgende Tendenzen für die einzelnen Länder auf:

  • Die Niederlande befinden sich insofern in einem Umbruch in der Ausbildung als dass momentan ein „managed care“ eine wichtige Rolle spielt, in der andere Formen der Ausbildung – bspw. für Controlling – gefordert werden.
  • In Belgien existieren zwei verschiedene sozialpädagogische Ausbildungen mit einer jeweils eigenständigen Identität. Im Zuge des Bologna-Prozesses befinden sich beide Ausbildungen in der Diskussion.
  • In der Schweiz wurde der Schritt der Umsetzung der Bologna-Erklärung bereitwillig und freiwillig (kein EU-Staat) in einem top-down Entscheid vollzogen und umgesetzt. Die hohe Akzeptanz liegt u.a. darin begründet, dass die Entwicklung des Bologna-Prozesses parallel zum Prozess der Modernisierung der Universität verläuft und das die Umstellung zum Bachelor keine Änderung der Studienzeit bedingt.
  • Auch in Italien wurden mit einer Universitätsreform 2005 fast alle Studiengänge auf die neue Studienordnung umgestellt, wobei der dreijährige „Laurea di primo livello“ dem Bachelor entspricht, das optional darauf aufbauende Master I-Studium dauert nur ein Jahr und entspricht daher nicht dem „3+2“-Modell; mit ihm korrespondieren die „Laurea specialista“, auf der ein Master II-Studium aufbauen kann. Noch ist unklar, wie die neuen Abschlüsse heißen.
  • In San Marino existiert keine eigenständige Ausbildung im Bereich der Sozialen Arbeit, es gibt jedoch spezifische Ausbildungsangebote des „Dienstes für Information, Fort- und Weiterbildung“
  • Im Vatikanstaat gibt es keine öffentliche Ausbildung für soziale Berufe; allerdings unterhalten viele Orden oder religiöse Kongregationen soziale Einrichtungen und bilden auch für soziale Berufe aus.
  • Für Slowenien ist zu konstatieren, dass die Reform der Studiengänge im Zuge von „Bologna“ genutzt wurde, um den Anteil des Praktikums von 4 % auf 10 % bis 15 % zu heben.
  • In Bosnien-Herzegowina können Bachelor- und Masterabschlüsse erworben werden. Dort stehen die vielen verschiedenen zu bewältigenden praktischen Zugänge der Sozialen Arbeit mit diversen Zielgruppen, wie bspw. Kriegsheimkehrer und Armut, im Mittelpunkt der Diskussion
  • In Weißrussland ist die Anzahl der Studierenden in den letzten 15 Jahren signifikant angestiegen. Ähnlich wie in Slowenien wird hier u.a. das „Theorie-Praxis-Problem“ diskutiert.
  • Für Monaco ist festzuhalten, dass hinsichtlich des Bildungssystems Parallelen zum Nachbarn Frankreich existieren, hinsichtlich der beruflichen Ausbildung Monaco zwar über eine eigene Ausbildungsstruktur verfügt, in der jedoch die Ausbildung Sozialer Berufe nicht schwerpunktmäßig verankert ist.
  • In Andorra werden momentan neue Ausbildungsgänge im tertiären Bildungssektor geschaffen, die Ausbildung für Soziale Berufe genießt in dem Land einen hohen Stellenwert.
  • In Malta spiegelt sich ein über die letzten 25 Jahre enorm angestiegenes Wachstum im Bereich der Ausbildung für Soziale Dienste wieder.
  • Und – last but not least – ist für Zypern festzuhalten, dass dort die europäische Dimension gerade in der Umsetzung begriffen ist.

Mit der Herausgabe des vierten Bandes ist das Projekt „Ausbildung für Soziale Berufe in Europa“ vorläufig abgeschlossen. Seit 1999 haben wir daran gearbeitet – und könnten jetzt wieder von vorne anfangen. Denn die Intention, warum wir das Projekt begonnen haben, nämlich vor den größeren Veränderungen durch den Bologna-Prozess eine Bestandsaufnahme der Ausgangssituation zu erarbeiten, lässt sich jetzt erweitern auf die Frage, welche Dynamik der Prozess angenommen hat und in welche Richtung er geht. Auch befinden sich alle Länder in Bezug auf ihre Sozial- und Hochschulpolitik in einem fortwährenden Wandel, dies lässt die Ausbildung nicht unbeeinflusst. Eine systematische Bilanz ist angesichts dauernder Veränderungen nicht möglich, wir können nur Tendenzen festhalten. Dazu gehört bspw. dass in den untersuchten Ländern die Ausbildung noch durchweg in öffentlicher Verantwortung und vornehmlich an Universitäten geschieht. Eine Ausnahme bildet Österreich mit neun Fachhochschulen in ausschließlich privater Trägerschaft. Die Umsetzung des Bologna-Prozesses ist vor allem an den osteuropäischen Hochschulen weitgehend realisiert. In einigen Ländern wird die Rolle der Theorie im Verhältnis zur Praxis in der Ausbildung stark diskutiert, in anderen Ländern steht hingegen das „Finden der eigenen Profession“ mit der Frage, „Wie das Kind heißen soll“ – Soziale Arbeit, Sozialarbeit oder Sozialpädagogik, um in der deutschen Terminologie zu bleiben, im Mittelpunkt. Als positives Ergebnis bleibt folglich festzuhalten, dass wir – zumindest im Bereich der Ausbildung – uns noch für längere Zeit vermutlich an einem „Europa der Vielfalt“ erfreuen werden können.

Literaturhinweis:

Franz Hamburger/Sandra Hirschler/Günther Sander/Manfred Wöbcke (Hrsg.): Ausbildung für soziale Berufe in Europa. Band 1. Mit Beiträgen über Island, Estland, Litauen, Großbritannien, Deutschland, Österreich, Serbien, Türkei und Portugal (Beiträge in deutscher oder englischer Sprache). ISS-Verlag Frankfurt am Main 2004. 239 S., 12,40 €.

Franz Hamburger/Sandra Hirschler/Günther Sander/Manfred Wöbcke (Hrsg.): Ausbildung für soziale Berufe in Europa. Band 2. Mit Beiträgen über Norwegen, Schweden, Irland, Dänemark, Lettland, Polen, Slowakei, Kroatien, Bulgarien, Mazedonien, Griechenland und Spanien. (Beiträge in deutscher oder englischer Sprache). ISS-Verlag Frankfurt am Main 2005. 245 S., 12,40 €.

Franz Hamburger/Sandra Hirschler/Günther Sander/Manfred Wöbcke (Hrsg.): Ausbildung für Soziale Berufe in Europa. Band 3. Mit Beiträgen über Finnland, Russland, Belgien (Flandern), Frankreich, Luxemburg, Tschechien, Ukraine, Ungarn, Rumänien, Moldawien und Liechtenstein. (Beiträge in deutscher oder englischer Sprache). ISS-Verlag Frankfurt am Main 2005. 225 S., 12,40 €.

Franz Hamburger/Sandra Hirschler/Günther Sander/Manfred Wöbcke (Hrsg.): Ausbildung für Soziale Berufe in Europa. Band 4. Mit Beiträgen über die Niederlande, Belgien (Wallonien), Schweiz, Italien, San Marino, Vatikanstaat, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Weißrussland, Monaco, Andorra, Malta, und Zypern. (Beiträge in deutscher oder englischer Sprache). ISS-Verlag Frankfurt am Main 2007. 169 S., 12,40 €.

Bezug der Bände beim Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. (ISS), Zeilweg 42, 60439 Frankfurt am Main, Tel. +49-(0)69-95789-0, oder im Buchhandel.

Eine Zusammenfassung auf Englisch befindet sich in der Downloadbox auf dieser Seite.

Publikationen

Im Jahr 2007/2008 hatte die Zeitschrift SozialExtra das Thema „Ausbildung für Soziale Arbeit in Europa“ als Schwerpunkt. In jeder Ausgabe erschien eine Darstellung eines Landes, die in den meisten Fällen auch für eine erste Aktualisierung der bestehenden Daten genutzt wurde. Weiterhin erfolgten verschiedene Veröffentlichungen der einzelnen Mitglieder der Forschergruppe, die in der Downloadbox auf dieser Seite abgerufen werden können.

Vorträge

In der Downloadbox auf dieser Seite finden Sie eine kleine Auswahl von im Rahmen des Forschungsprojektes in nationalen und internationalen Kontexten gehaltenen Vorträgen.

Rezensionen und Presse

In der Downloadbox rechts auf dieser Seite finden Sie eine Rezension von Homfeldt/Schneider.

Kontakt

Prof. Dr. Franz Hamburger
Institut für Erziehungswissenschaften
AG Sozialpädagogik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz