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Rückkehr zwischen Abschiebung und "Heimkehr"wunsch? Aushandlungsprozesse von Geflüchteten und die Rolle der Sozialen Arbeit im Flucht-Rückkehr-Nexus

Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Graduiertenkolleg 1474 „Transnationale Soziale Unterstützung“

Laufzeit: 2016 – 2017
Projektleitung: Claudia Olivier-Mensah

Das Forschungsprojekt siedelt sich in der Schnittstelle der Migrationsforschung und Sozialen Arbeit an und wirft eine transnationale Perspektive auf die aktuelle Fluchtsituation mit Fokussierung der Rückkehrthematik in Deutschland.

Seitdem 2015 die „Flüchtlingskrise und -welle“ von Europa ausgerufen wurden und in diesem Jahr das EASY-System (Erstverteilung der Asylbegehrenden) die Zahl von 1,1 Millionen Asylsuchenden in Deutschland registrierte, wird „DIE“ Lösung der Probleme immer lauter: Rückkehr! Finanziell steigende Investitionen in die Rückkehrförderung, das heißt in die gezwungene wie auch freiwillige Rückkehr in Kriegsgebiete, sind in der BRD zu verzeichnen. Wie nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Beantwortung der Gastrabeiterfrage, reagiert die deutsche und europäische Asyl- und Migrationssteuerungspolitik verstärkt mit Abschottung und Rückkehr. Zur Umsetzung des Ziels der gezwungenen Rückkehr wurden 2015 zwei „Abschiebelager“, offiziell Ankunfts-und Rückführungseinrichtungen für AsylbewerberInnen mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit (ARE), in Bayern (Manaching und Bamberg) errichtet, die Abschiebungen im „beschleunigten Verfahren“ durchführen sollen. Neben diesen offensiven Verfahrensweisen ruft die Politik zudem Asylsuchende zur freiwilligen Rückkehr in die Herkunftsländer auf, sobald sich die Lage in diesen verbessert. Bund und Länder arbeiten mit dem Reintegration and Emigration Programme for Asylum Seekers in Germany (REAG) der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zusammen, um freiwillige Rückkehr zu organisieren und zu betreuen. Das UN-Flüchtlingswerk (UNHCR) hat zudem sogenannte Go-and-See-Besuche eingeführt, die den Geflüchteten ermöglichen sollen, sich vor Ort ein Bild von den Zuständen in ihren Herkunftsländern machen zu können.

Doch was in den Maßnahmenkatalogen der Flüchtlingspolitik bislang übersehen wird, ist die Akteursperspektive der Geflüchteten selbst sowie die Rolle, die pädagogisches Fahrpersonal in Eichrichtungen der Fluchthilfe übernehmen kann. Neben der Konnotation von Rückkehr in Form von Abschiebungen und Bedrohung, kann Rückkehr gleichsam mit einem positiven geographischen und/oder sozialen Raum assoziiert werden. Der lokale Kontext des Herkunftslandes weist eine historische Verbundenheit zu diesem als Ursprung (als Geburtsort, Nationalität oder ethische Herkunft) auf. Die Vision der Rückkehr kann eine zentrale Rolle in den Selbstversorgungsprozessen, Zugehörigkeitskonstruktionen, der Suche nach Herkunft und somit der Aushandlung von „Heimat“ spielen. Transnationale soziale Beziehungen und emotionale Nähe zu Freunden und Familien in den Herkunftskontext, Erinnerungen und „Heim“kehr als Wunsch und Erfüllung von Sehnsüchten, kann somit die andere Seite der Diskussion um Rückkehr unter Bedingungen von Flucht sein.

Ziel des Forschungsprojektes ist es daher die Rekonstruktion der Bedeutung von Rückkehr in den Lebenswelten von Geflüchteten. Das Forschungsprojekt gliedert sich auf zwei Ebenen an und fokussiert folgende Fragen:

Wie erleben Geflüchtete die Thematik der Rückkehr in ihren Lebenswelten? Welche Bedeutung wird Rückkehr in ihrem Alltag zugesprochen? (Akteursebene)
Welche Aufgabe, Rolle und Funktionen kann die Soziale Arbeit in den Aushandlungsprozessen von Geflüchteten im Umgang mit Rückkehr übernehmen? (Professionsebene)

Einer transnationalen Perspektive folgend wird bei der Auswahl der Zielgruppe ein de-nationalisierendes Forschungsdesign herangezogen, indem nicht auf eine spezifische ethnische oder nationale Migrationsgruppe fokussiert wird. Hingegen werden für die Samplingstrategie folgende strukturierenden Bedingungen berücksichtigt: Zeitspanne des Aufenthaltes in Deutschland, rechtlicher Aufenthaltsstatus, Fluchtgrund und die politischen Bedingungen des Herkunftslandes.

Nach einer Bestandsaufnahme der Richtlinien und Verfahren des politischen Kontextes im Flucht-Rückkehr-Nexus, werden die Handlungen und Positionierungen von Geflüchteten in der empirischen Erhebung fokussiert. Zur methodologischen Umsetzung werden narrative Interviews und die Methode der Mental Maps mit Geflüchteten sowie Experteninterviews mit zentral beteiligten Fachkräften der Sozialen Arbeit geführt. Das Datenmaterial soll anhand der Forschungsmethodologie der Grounded Theory erhoben und ausgewertet werden. Die Auswertung erfolgt je nach genannter Erhebungsmethode anhand sequenz- und netzwerkanalytischer Verfahren.

Zur Reflexion qualitativer Netzwerkanalyse – Experimental Something über die Erhebung egozentrierter Netzwerkkarten (Filmprojekt)

Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Graduiertenkolleg 1474 „Transnationale Soziale Unterstützung“

Laufzeit: 2016 – 2017
Projektleitung: Alice Altissimo, Andreas Herz, Annika Müller und Claudia Olivier-Mensah

Home – The place to be?: Die Bedeutung des Ortes, der (Ko)Präsenz und der Familie in Heimatbesuchen

Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Graduiertenkolleg 1474 „Transnationale Soziale Unterstützung“

Laufzeit: 2015 – 2016
Projektleitung: Claudia Olivier-Mensah

Heimatbesuchen werden im derzeitigen Remigrationsdiskurs vor allem als eine vorbereitende und integrationsunterstützende Maßnahme zur langfristigen Rückkehr beleuchtet. So wird die These vertreten, dass eine erfolgreiche Rückkehr durch eine strategische Planung und darauf ausgerichtete transnationale Aktivitäten in Form von Senden von Remittances, des Hausbaus, der Aufrechterhaltung von transnationalen Beziehungen zu Familienangehörigen, Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern sowie durch regelmäßige Besuche im Herkunftsland gefördert werden kann. Neben der Betonung der Funktionalität dieser Besuche in Form eines ‚reality checks‘ wurden sie jedoch in ihren Ausprägungen, Interaktionen und Dynamiken bislang nicht näher beleuchtet.

Das Forschungsprojekt siedelt sich im Rahmen der transnationalen sozialen Unterstützungsforschung an und zielt darauf ab, return visits näher zu beleuchten. Folgende Hypothesen können formuliert werden:

Return visits sind eine Strategie von (Trans)MigrantInnen, um eine permanente Rückkehr zu verhindern und den Familienangehörigen ein Stück körperliche Präsenz von Zeit zu Zeit zu ermöglichen (Zeitaspekt).
Heimatbesuche sind eine Bewältigungsform von transnationalen Familien, um gemeinsame Erfahrungen herzustellen und emotionale Nähe und somit soziale Unterstützungsleistungen aufrecht zu erhalten (Sinnaspekt).
Transnationale Familien bedürfen einem lokalen Ort, einem Zuhause, um sich physisch zu treffen, um gemeinsame Erinnerungsräume zu erarbeiten (Raumaspekt).

Das Hauptanliegen der Forschung ist es, die sozialen Positionierungen, die individuellen Aushandlungsprozesse sowie die sozialen Interaktionen von (Trans)MigrantInnen mit ihren Familien während ihrer Heimatbesuche zu erkunden.

In Anlehnung an Arbeiten zum ‚doing family‘, welches betont, dass Familie als gemeinschaftliches Ganzes permanent in sozialen Prozessen neu ausgehandelt und hergestellt wird, vermag das Forschungsprojekt neue Perspektiven auf alltägliche familiäre Lebensführungen und Praktiken zu eröffnen, die durch multiple Ortsbezüge geprägt sind. Die Ergebnisse könnten neues Wissen bezüglich Aushandlungsprozessen und Interaktionen in transnationalen sozialen Familiensettings und somit im Forschungsfeld der transnationalen Familien und sozialen Unterstützungsforschung generieren.

TransREmigration. Eine transnationale Perspektive Sozialer Ar
beit auf Rückkehr (Dissertationsprojekt)

Finanzierung: Promotionsstipendium des DFG-Graduiertenkollegs 1474 „Transnationale Soziale Unterstützung“

Laufzeit: 2008 – 2011

Bezieht man sich auf die etymologische Bedeutung des Wortes Rückkehr, drückt diese aus, dass eine Person sich erneut an einen Ort begibt, an dem diese bereits zuvor gewesen ist. Dieses wörtliche Verständnis von Rückkehr intendiert keine Definition eines Ortes als Ursprung, noch macht es Aussagen über den Zeitraum des zukünftigen Aufenthaltes an diesem.

Dem entgegen wird in der politischen Migrations- und Entwicklungsdebatte seit den 1960er Jahren die Rückkehr in das Herkunftsland explizit dem moralisch-aufgeladenen Motiv der Heimkehr subsumiert und Rückkehr mit dem Endpunkt der Migration gleichgesetzt. Mit dieser Form erfolgreicher Rückkehr wird eine erneute Migration als Fall des Scheiterns deklariert.

Das eindimensionale ‚Gehen- und Zurückkommen‘-Verständnis, verliert in einer globalisierten Welt immer mehr seiner empirischen Grundlage. Bei der Erschließung des Phänomens Rückkehr, welches durch hybride Remigrationsprozesse charakterisiert ist, sollten die klassisch verwendeten Migrations- und Integrationstheorien erweitert und Rückkehr als individueller Prozess aufgefasst werden.

Der Sozialen Arbeit, deren zentrale Aufgabe es ist, Individuen und Gruppen in ihrer Lebensgestaltung und der Erfüllung ihrer Bedürfnisse zu unterstützen, wird in dem Themenfeld der Rückkehr eine zentrale, wenn bislang nicht thematisierte, Rolle zuteil. Diese vermag unter einer transnationalen Perspektive Remigration nicht mehr mit einem Reintegrationsfokus in den nationalstaatlichen Herkunftskontext als erstrebtes Endziel, sondern als Teil eines zirkulären Systems sozialer Beziehungen und als Dimension von Transmigration zu fassen. In dem Konzept der TransREmigration werden die verschiedenen Bewegungsdynamiken zur Kenntnis genommen, und bislang verborgene transnationale Muster in Rückkehrprozessen sichtbar.

Die kumulative Dissertation thematisiert anhand von sechs Aufsätzen den konzeptionellen und analytischen Zusammenhang von Rückkehr und Sozialer Arbeit. Im Fokus steht eine empirische Studie, die ghanaische TransREmigrantInnen aus Deutschland, deren soziale Transfers sowie transnationale Handlungs-, Denk- und Wissensmuster beleuchtet. Die hierbei eingenommene transnationale Perspektive fungiert als Gegenentwurf zum neoliberalen Entwicklungsbegriff und konstituiert ein subjektives Entwicklungs- und Erfolgs-Verständnis welches die Bedürfnisse der AkteurInnen, ihre Alltagswelten sowie ihre Muster einer transnationalen Agency prononciert.

Transnationale Projektkooperationen und Partnerschaftsverhältnisse von NGOs in der deutsch-kenianischen Entwicklungszusammenarbeit (Diplomarbeitsprojekt)

Laufzeit: 2007 – 2008

Größere Erfolge in der Armutsbekämpfung sind auf einem globalen Maßstab bisher ausgeblieben. Der Blick auf die Wirksamkeit lässt Zweifel an den Armutsbekämpfungsstrategien der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit aufkommen und verdeutlicht die Notwendigkeit, den Blick auf alternative Handlungsmodelle zu richten. Ein Ansatz ist diesbezüglich die Zusammenarbeit von Geberorganisationen mit lokalen Akteuren. Oftmals sind es nicht-staatliche Geberorganisationen der EZ, die dieses Konzept aufgreifen und durch den lokalen Bezug eine kultursensible Betrachtung der Projektländer ermöglichen.

Die Untersuchung befasst sich mit den Strategien der Armutsbekämpfung einer transnational agierenden internationalen Nichtregierungsorganisation. In der Untersuchung wird die Zusammenarbeit des Hilfswerks Misereor mit zwei lokalen Partnerorganisationen in Kenia betrachtet. Die Forschungsarbeit ist eine qualitativ-empirische Studie, die in zwei Schritten verfährt. Zunächst wird das Thema der Zusammenarbeit durch das Verfahren der Dokumentenanalyse theoretisch gerahmt, und in einem zweiten Schritt die empirische Untersuchung anhand von Experteninterviews durchgeführt.

Die Arbeit verfolgt das Anliegen, die Zusammenarbeit großen Geberorganisation mit zwei kenianischen NGOs zu analysieren und Aufschluss darüber zu geben, ob wechselseitige Austauschprozesse in der Partnerschaft stattfinden.